Wie fahren wir zum Schwimmbad?

Für das Schwimmbad am Schlosspark liegt ein neues Verkehrskonzept vor. Gar nicht so schlecht, finden wir. Aber echter Klimaschutz fängt erst an, wenn die Autolagerung im Kiez neu organisiert wird. Bis 15. Juli 2021 sind eure Stellungnahmen gefragt. Hier findet ihr das Material dafür!

Bild von Hebi B. auf Pixabay

Das neue Schwimmbad in Pankow soll 2027 in Betrieb genommen werden. Also zu einem Zeitpunkt, wenn Berlin auf seinem Weg zur klimaneutralen Stadt schon weit vorangeschritten sein muss. Wir haben uns daher den Entwurf für den Bebauungsplan (B-Plan) und das dazu gehörige Verkehrskonzept angesehen. Und wir waren positiv angetan: Viele Maßnahmen, die wir seit langem fordern, wurden berücksichtigt. So ist ein Diagonalfilter im Sinne des größeren Kiezblocks vorgesehen und auch die Anzahl der Kfz-Stellplätze wurde gegenüber dem Vorentwurf von 300 auf 90 deutlich reduziert. Die Argumente der Anwohner in der Infoveranstaltung im Mai 2018 wurden also gehört und verstanden (siehe Begründung, Seite 29).

Gleichzeitig gibt es aber auch erhebliche Lücken und Verbesserungschancen im B-Plan. Wir bitten daher alle Leserinnen und Leser noch bis zum 15. Juli eine Stellungnahme einzureichen. Gerne könnt ihr euch aus den folgenden Punkten bedienen, Textteile kopieren, verändern und ergänzen:

Lob

(+) Der neu ermittelte Stellplatzbedarf für 720 Fahrräder und 90 Kfz erscheint für die Anforderungen der Mobilitätswende und des Klimaschutzes angemessen. Die unrealistische Verkehrsbetrachtung aus dem Jahr 2018 wurde glücklicherweise verworfen. Die damaligen Gutachter hatten angenommen, dass Stellplätze für 215 Autos und 99 Motorräder (!) geschaffen werden müssten, aber nur 250 Fahrradstellplätze. Danke für diesen Lernschritt!

(+) Positiv ist das neue Erschließungskonzept, bei dem die Autos per Diagonalfilter und Einbahnstraßen auf kurzem Wege von der Damerowstraße zum Schwimmbad und zur Schule und von dort zur Breite Straße geleitet werden. 2018 hatten die Gutachter noch lange An- und Abfahrrouten durch die engen Wohnstraßen des gesamten Schlossparkkiezes eingeplant.

(+) Lobenswert ist auch, dass die Erschließungsstraßen für den Radverkehr ertüchtigt werden sollen. Das Kopfsteinpflaster soll durch eine glatte Fahrbahnoberfläche ersetzt werden, alle Fahrbahnen erhalten eine Mindestbreite von 4 Metern, an Engstellen werden dafür einige Kfz-Stellplätze aufgelöst.

(+) Auch alle weiteren Maßnahmenpakete des Verkehrskonzepts weisen in die richtige Richtung, z.B. sind komfortable, beleuchtete und überdachte Radabstellanlagen in Eingangsnähe des Schwimmbads vorgesehen.

Kritik

(-) Leider sind die Maßnahmenpakete des Verkehrskonzepts völlig unverbindlich. Während der B-Plan einklagbares Baurecht schafft, ist völlig offen wann – und ob überhaupt – die notwendigen Verkehrsmaßnahmen umgesetzt werden. Es muss geprüft werden, wie Baurecht und verkehrliche Voraussetzungen verbindlich verknüpft werden können!  

(-) In den Maßnahmenpaketen fehlt die Parkraumbewirtschaftung. Damit wird das gesamte Verkehrskonzept entwertet. Sowohl auf den neu geschaffenen Stellplätzen des Geländes, als auch auf den öffentlichen Flächen der umliegenden Straßen muss das Abstellen von privaten Autos bepreist werden. Nur so können die absehbaren Nutzungskonflikte zwischen Besuchern und Anwohnern minimiert werden.

(-) Die angedachte Route für Elterntaxis über den Stiftsweg ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. Die sogenannte „nicht amtliche Markierung“ ist aufwändig und vergeudet kostbare Lernzeit. Selbst wenn sich 80% der Eltern daran halten sollten, wird es 20% Unverständige geben, die mit klobigen SUVs alle anderen Schulkinder beim Überqueren der Wolfshagener Straße gefährden werden. Eine Mindestmaßnahme wären umlegbare Poller, die das Befahren der Wolfshagener Straße vor Unterrichtsbeginn physisch verhindern.

(-) Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (siehe II.1.2.2.4. der Begründung) wurde nicht angemessen berücksichtigt. Aus unserer Sicht leitet sich aus dem Programm zwingend ab, dass der CO2-Ausstoß der Quell- und Zielverkehre deutlich reduziert werden muss. Ein „Prognose-Nullfall“ (Seite 30), der sogar eine Zunahme des Kfz-Verkehrs annimmt, ist keine geeignete Plangrundlage. Daher sind zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, die eine deutliche Reduktion des Kfz-Verkehrs erwirken.     

Konstruktive Vorschläge

(1.) Einbahnstraßen, die den Radverkehr in beide Richtungen abwickeln, sollten eine lichte Fahrbahnbreite von mindestens fünf Meter aufweisen. In der Ossietzkystraße kann man täglich erleben, dass vier Meter Fahrgasse nicht ausreichen, um regen Fahrradverkehr und untergeordneten Kfz-Verkehr sicher abzuwickeln. Autofahrer bedrängen und überholen die Radfahrer regelwidrig, der Sicherheitsabstand wird nicht eingehalten. Durch eine geschickte Anordnung von Bepflanzungen, Lieferzonen oder Fahrradstellplätzen kann die Fahrgeschwindigkeit dennoch auf ca. 20 km/h begrenzt werden.

(2.) Die Baumscheiben sollten vergrößert und vor abgestellten Autos geschützt werden. Die betroffenen Straßen, insbesondere die Mendel-, Wolfshagener-, und Kavalierstraße haben einen wertvollen Baumbestand, der durch die nun regelmäßig auftretenden Extremwetter-Perioden bedroht wird. Weitere Flächen im Straßenraum werden für den Fußverkehr, Sitzgelegenheiten, Außengastronomie, mietbare Fahrradunterstände oder anderes benötigt.   

(3.) Vor Ort bedeutet das eine deutliche Reduzierung der Autolagerflächen im öffentlichen Straßenraum. Dort wo aktuell beidseitig geparkt wird, sollten Autos zukünftig nur an einer Straßenseite halten und vorrangig Lieferzonen angelegt werden. (siehe Abbildung 1)

(4.) Als Ausgleich sollte eine Quartiersgarage errichtet werden. Der B-Plan muss daher anstelle der ebenerdigen Stellplatzfläche (im B-Plan Entwurf als „Fläche HIJKH“ bezeichnet) eine mehrgeschossige Kiezgarage ausweisen. Sie sollte als Mobilitätshub für die Besucher und Beschäftigten sowie für die Anwohner der umliegenden Straßen dienen. Die Ausführungen des Verkehrsgutachten auf den Seiten 76-77 weisen in die richtige Richtung. Die Eckdaten, z.B. eine Holzbauweise, sollten im B-Plan verbindlich verankert werden.

Abbildung 1: Prinzipquerschnitt für eine Fahrbahn mit 8 Meter Breite
(Einbahnstraße mit Lieferzone, Zweirichtungsverkehr für Fahrräder)

(5.) Das Verkehrslenkungskonzept sollte um weitere Modalfilter ergänzt werden, und zwar so wie in dem von Anwohnerinnen entwickelten Kiezblock-Konzept beschrieben. Insbesondere der Diagonalfilter zwischen Ossietzkystraße und Majakowskiring ist vordringlich!

(6.) Die Fahrradstraße Ossietzkystraße ist vor zusätzlichem, regelwidrigen Kfz-Verkehr zu schützen. Dafür könnte in der Wolfshagener Straße zwischen Ossietzky- und Eintrachtstraße die Einbahnrichtung umgedreht werden. Damit würde der abfließende Kfz-Verkehr der Plangebiets auf kurzem Wege über die Eintrachtstraße zur Breite Straße geführt. Die Fehlnutzung von Ossietzky-, Pestalozzi- und Parkstraße würde verhindert.

(7.) Der Fußverkehr sollte einen Weg durch das Plangebiet zwischen Schlosspark und Wolfshagener Straße erhalten. So könnten auch im Norden des Geländes Fahrradstellplätze angeordnet werden, und die Zuwegung aus allen Himmelsrichtungen würde erleichtert.

(8.) Die Maßnahmenpakete 1-3 sollten Radwege für den östlichen Teil der Breite Straße und für die Damerowstraße vorsehen. Diese mobilitätsgesetzkonforme Neuordnung der Flächen ist überfällig. Pragmatisch sollte dies nach dem Vorbild Kottbusser Damm durch einen Pop-Up-Radweg und eine anschließende Verstetigung erfolgen.

(9.) In Zukunft wird der Radschnellweg Panketrail von Süden in die Hadlichstraße führen. Eine Fortsetzung durch Amalienpark, Crusemarkstraße und Schlosspark sollte mitbedacht werden. Insbesondere im Amalienpark könnte eine Fortführung gesichert werden, indem eine Fahrbahn komplett dem Fuß- und Radverkehr gewidmet wird.

Und ein letztes Detail: Im Verkehrsgutachten auf Seite 57 sind widersprüchliche Angaben in Tabelle 7 zur Anzahl der Kfz-Stellplätze zu finden. Die rechnerische Summe (145) ist höher als die Endsumme (90). Eventuell ist die Differenz durch die Nutzung zu unterschiedlichen Tageszeiten zu erklären. In zukünftigen Publikationen sollte dies erläutert werden.

Ihr seht: Es gibt viele Verbesserungsmöglichkeiten, und euch fallen sicher noch mehr ein. Lasst euch von den oben stehenden Texten inspirieren. Hier geht es zum Online-Formular, wo ihr bis Donnerstag, den 15.7.2021, 24 Uhr eure Stellungnahmen einreichen könnt:

https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/bebauungsplan/bebauungsplan.1093451.php